Der Vorsorgeauftrag, was ist das?

Der Vorsorgeauftrag ist ein vollständig eigenhändig geschriebenes oder öffentlich beurkundetes Dokument, in welchem geschrieben steht, wer im Falle einer dauerhaften Urteilsunfähigkeit für einen sorgen soll.

Sichern Sie Ihr Selbstbestimmungsrecht – solange Sie es noch können

Die nachfolgenden Bemerkungen ersetzen keine individuelle Beratung.

1         Zweck des Vorsorgeauftrags

Das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht ermöglicht einer handlungsfähigen Person, mit einem Vorsorgeauftrag selbst zu bestimmen, durch wen und wie sie im Fall der Urteilsunfähigkeit betreut werden will.

2         Vorteile des Vorsorgeauftrags

  • Sie stärken Ihre Freiheit, solange Sie noch können und schützen Ihre Privatautonomie
  • Sie wahren Ihr Recht auf ein menschenwürdiges Dasein und Ihre Würde
  • Sie nehmen Ihre freie Lebensgestaltung in die eigene Hand und bestimmen selbst über Ihre Lebensgestaltung
  • Es gibt keine Diskussionen zwischen verschiedenen involvierten Personen, sondern Sie legen klar fest, wer sich um Sie hauptsächlich kümmern soll

3         Vorteile eines öffentlich beurkundeten Vorsorgeauftrages

Die Vorteile einer öffentlichen Beurkundung des Vorsorgeauftrags gegenüber der eigenhändigen Niederschrift des Vorsorgeauftrags sind zahlreich. Beispiele dafür:

  • Die Urkundsperson überprüft und bestätigt die Identität
  • Die öffentliche Beurkundung verringert die Gefahr von Anfechtungen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass mit Widerständen von Seiten Dritter gerechnet werden muss
  • Die Gefahr der Verletzung einer Formvorschrift bei Eigenhändigkeit des Vorsorgeauftrags (was Nichtigkeit zur Folge hätte!) fällt weg
  • Schutz vor unverständlichen, unmöglichen, widerrechtlichen, widersprüchlichen oder sittenwidrigen Aufträgen (was zur Nichtigkeit oder Teilnichtigkeit führen kann)
  • Eine Änderung kann rasch gemacht werden und es sieht sauber aus
  • Ein Exemplar des Vorsorgeauftrages ist hinterlegt bei der öffentlichen Urkundsperson; Sie sind vor einem Verlust geschützt
  • Sie können so viele Exemplare haben, wie Sie wünschen. So können Sie sicherstellen, dass Sie immer noch eines haben, wenn ein anderes Exemplar verloren gehen sollte;

4         Was prüft die KESB bei Erhalt des Vorsorgeauftrages?

Der Vorsorgeauftrag muss der KESB zur Prüfung überreicht werden, und zwar im Original. Damit der Vorsorgeauftrag auch nachweisbar und erfolgreich zugestellt wird, ist eine Zustellung per Einschreiben mit einem Begleitbrief empfehlenswert. Jedoch ist auch dies noch keine 100-prozentige Sicherheit, dass die Urkunde nicht verloren geht. Fehler können überall passieren, so auch bei der Post oder im Bereich der KESB selbst (z.B.: die Urkunde wird nicht am richtigen Ort abgelegt und verschwindet, irrtümliche Vernichtung etc.). Um auch dieser Gefahr bestmöglich zu entgehen, empfiehlt es sich, mehrere Exemplare aufzubewahren, was für eine öffentliche Beurkundung spricht. Allenfalls begibt man sich zusätzlich noch persönlich zur KESB und übergibt die Original-Urkunde gegen Empfangsbestätigung.

5         Beispiele für Indizien für einer Urteilsunfähigkeit während der Redaktion des Vorsorgeauftrags (und damit Ungültigkeit des Vorsorgeauftrags)

  • kurze Zeit zwischen Errichtung des Dokuments und dem Eintritt der Handlungsunfähigkeit
  • mangelhafte Form
  • schlechtes Schriftbild
  • schwierige Lesbarkeit
  • Unverständlicher, widersprüchlicher, rechtwidriger, sittenwidriger oder unmöglicher Inhalt

Umgekehrt kann ein Indiz für die Urteilsfähigkeit ein sorgfältiger und strukturierter Vorsorgeauftrag mit klar umschriebenen Aufgaben sein. Dies ist eher mit einer maschinell ausgedruckten Seite dargestellt werden (muss öffentlich beurkundet werden für Gültigkeit!), weshalb die öffentliche Beurkundung auch aus diesem Grund zu bevorzugen ist (Nico Renz, Zürcher Studien zum Privatrecht, der Vorsorgeauftrag und seine Validierung, Zürich, 2020, Seite 233 Rz. 613; mit Verweis).

Bestehen Indizien, dass eine Urteilsunfähigkeit im Zeitpunkt der Errichtung des Vorsorgeauftrages bestanden haben könnte, hat die KESB mittels eines ärztlichen Berichtes oder gar eines Gutachtens die Frage zu klären. Dies verzögert die Sache gewaltig.

Auch dies spricht dafür, den Vorsorgeauftrag vom Profi erstellen und beurkunden zu lassen. Wobei dies nicht sagen soll, dass damit der zweifelsfreie Beweis für die Urteilsfähigkeit im Zeitpunkt der Erstellung des Vorsorgeauftrags erbracht ist. Die KESB prüft das immer von Amtes wegen.

6         Zwingender Inhalt des Vorsorgeauftrages

6.1        Auftraggeber

Auftragnehmer, wobei hier dringend zu empfehlen ist, einen oder mehrere Ersatzbeauftragte zu benennen, denn es kann schnell sein, dass einer nicht annimmt oder (z.B. wegen Ungeeignetheit oder Interessenskollisionen) abgelehnt wird

6.2        Aufgaben wie Personensorge, Vermögenssorge, Vertretung im Rechtverkehr

6.3        Besondere Geschäfte regeln oder nicht?

Es gibt vermögensbestimmende Fragen, bei denen es dem Vorsorgebeauftragten wahrscheinlich am liebsten wäre, wenn er wüsste, was der Wille des Vorsorgeauftraggebers ist. So zum Beispiel bei den folgenden Fällen:

  • Wertvermehrende Umbauten
  • Veräusserung von Liegenschaften
  • Liquidation von Geschäften
  • Verkauf von Wertpapieren

7         Anspruchsvolle Aufgabe bei der Ausgestaltung eines Vorsorgeauftrages

«Ruft man sich die juristisch anspruchsvolle Aufgabe eines juristisch unerfahrenen Auftraggebers in Erinnerung, einen umfassenden, aber erst in der Zukunft wirksamen Auftrag rechtlich korrekt zu erstellen, wird die Notwendigkeit einer Unterstützung klar ersichtlich.» (Nico Renz, Zürcher Studien zum Privatrecht, der Vorsorgeauftrag und seine Validierung, Zürich, 2020, Seite 217 Rz. 570; mit Verweisen.)

Natürlich kann man einen dreiseitigen Vorsorgeauftrag vollständig handschriftlich abschreiben und unterschreiben. Wenn man aber darüber hinaus gehen und detailliertere Regeln möchte, empfiehlt es sich, hier die Hilfe einer entsprechenden Fachperson in Anspruch zu nehmen.

8         Patientenverfügung neben Vorsorgeauftrag?

Unter Umständen kann es lange dauern, bis ein Vorsorgebeauftragter die Legitimation erhält, für und im Namen des Auftraggebers notwendige Handlungen zu tätigen.

Da die Patientenverfügung nicht wie der Vorsorgeauftrag validiert werden muss, ist er sofort im Falle eines Falles anwendbar.

Antwort: «JA, unbedingt, gerade bei medizinischen Massnahmen kann die Geschwindigkeit entscheidend sein.» Es ist deshalb dringend zu empfehlen, neben dem Vorsorgeauftrag auch separat eine Patientenverfügung zu verfassen, auch, um die vorsorgebeauftragte Person vor schwierigen Entscheiden zu schützen.

8.1        Regelung des Verhältnisses zwischen Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung notwendig

Damit es zu keinen zu Unsicherheiten führenden Regelungen kommt, ist das Verhältnis zwischen dem Vorsorgeauftrag und der Patientenverfügung genau zu bestimmen.

9         Vorsorgeauftrag, reicht das?

Zwischen dem Zeitpunkt, in welchem die Notwendigkeit entsteht, sofort handeln zu können, und dem Zeitpunkt der Legitimierung durch den Entscheid der KESB (die Legitimationsurkunde) kann viel wertvolle Zeit vergehen (Jemand ist beispielsweise im Koma und die KESB ist unsicher, ob die Urteilsunfähigkeit dauerhaft ist und validiert den Vorsorgeauftrag nicht!).

Der Vorsorgeauftrag ist deshalb „nur“ ein Baustein in einem gesamten Geflecht von Bausteinen. Es sind vorzugsweise weitere Dokumente zu „erstellen“.

9.1        Beispiele für weitere Dokumente und Urkunden neben dem Vorsorgeauftrag

  • Hat man minderjährige Kinder, kann sich zusätzlich die Verfassung einer Sorgerechtsvereinbarung oder Sorgerechtsverfügung aufdrängen.
  • Im Zusammenhang mit dem Verkehr mit Banken und Versicherungen ist weiteres vorzukehren (z.B. Bankvollmacht, Versicherungsvollmacht, andere Vollmachten, welche vor allem auch in der Schwebezeit zwischen Eintritt des Vorsorgefalles und der Frage der Validierung entscheidend werden können).
  • Ist man Unternehmer, hat man auch hier Vorsorge zu treffen, dass das Unternehmen nicht plötzlich gelähmt und handlungsunfähig ist.

10   Allgemeine Empfehlungen

Es ist dringend zu empfehlen, all diese Dokumente so zu gestalten und aufeinander abzustimmen, dass sich ein wirksames und sinnvolles Gesamtwerk ergibt.

11   Was kann Rechtsanwalt und öffentliche Urkundsperson Pedolin für Sie tun?

Rechtsanwalt Pedolin hat einen eigenen einfachen und einen komplexeren Vorsorgeauftrag als Muster verfasst. Dieser kann von Ihnen übernommen werden.

  • entweder im Sinne der Übernahme eines Musters ohne vorherige Beratung, also als Grundlage für die Beurkundung.
  • oder aber als Ausgangspunkt für die Erstellung eines eigenen auf die eigenen Bedürfnisse angepassten Vorsorgeauftrages mit vorheriger Beratung.

Nehmen Sie unverbindlich Kontakt auf, um zu besprechen, was Rechtsanwalt Pedolin für Sie tun kann.

gian.pedolin@schweizer-rechtsanwalt.com
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