In einer idealen Welt passiert einem nichts Schlechtes oder sicher nicht überraschend. Man stirbt nicht plötzlich. Man wird nicht plötzlich krank. Man sieht sich nicht plötzlich damit konfrontiert, dass der Partner dauerhaft urteilsunfähig wird. Doch wir leben nicht in einer idealen Welt. Genau solche Dinge passieren immer wieder und niemand weiss, wen es wann und wie trifft. Man kann sich nun darauf rechtzeitig vorbereiten oder aber nicht. Die nachfolgenden Bemerkungen ersetzen keine individuelle Beratung. Sie sind aus Verständniszwecken vereinfacht dargestellt und nehmen keine Vollständigkeit in Anspruch.

Konkubinatspartner mit erwachsenen Kindern – Erbvertrag – Vorsorgeauftrag – Generalvollmacht – spezielle Auskunfts-, Einsichts- und Besuchsvollmacht

Einleitung

Kunden, welche im Konkubinat leben, entschieden sich für einen Erbvertrag und nahmen mit mir Kontakt für einen Beurkundungstermin auf. Ich weise sie auf weitere mögliche Massnahmen hin. Dabei geht mir nicht darum, mit Kunden noch mehr Umsatz zu generieren, sondern ich sage mir: wenn ich nun den Erbvertrag beurkunde und die Klienten wieder gehen lasse, ohne sie über weitere allenfalls notwendige Handlungen zu informieren, was würden sie später sagen, wenn ein Ereignis eintreten würde, welches sie nicht geregelt haben, weil ich sie nicht darauf hingewiesen habe? Sie würden vielleicht vorwurfsvoll sagen: „Weshalb um Gottes willen haben Sie uns denn nicht gesagt, dass weitere Gefahren lauern und deshalb weiteres rechtzeitig geregelt werden sollte!? Hätten Sie uns darauf hingewiesen, hätten wir uns rechtzeitig vor solchen schlechten Erfahrungen schützen können und hätten nun nicht diese grossen Schwierigkeiten!“ Genau einen solchen Vorwurf möchte ich nie hören und deshalb weise ich die Klientschaft darauf hin, was man sonst noch alles regeln könnte und riskiere damit gerne auch mal den Ausruf: „Was denn noch, die Welt wird ja immer verrückter!“

Konkubinatspaaren mit oder ohne Kinder empfehle ich immer mindestens die folgenden 4 Massnahmen:

Massnahme 1: Erbvertrag

Mit einem Erbvertrag regeln Sie Ihren Nachlass. Mit einem solchen können Sie Ihren Lebenspartner oder Ihre Lebenspartnerin als Erbe einsetzen und auch regeln, wann er als eingesetzter Erbe wieder ausser Betracht fällt. Sie können mit Ihren Kindern einen Erbverzicht zu Gunsten des überlebenden Ehepartners vereinbaren. Sie können Regelungen treffen in Bezug auf lebzeitige Zuwendungen. Die Möglichkeiten sind beinahe unbeschränkt.

Massnahme 2: Erstellung und Beurkundung eines öffentlich beurkundeten Vorsorgeauftrags je in dreifacher Ausführung: 

Ein Vorsorgeauftrag ist notwendig, um eine oder mehrere Personen Ihrer Wahl für den Fall Ihrer dauerhaften Urteilsunfähigkeit zu bestimmen. Diese Person(en) würden dann quasi als privater Vormund agieren. Ein mehrfach im Original vorhandener Vorsorgeauftrag ist ratsam, da ein Original an die KESB gesendet werden muss. Sollte nur ein Original vorhanden sein, besteht das Risiko eines Totalverlustes. Bei meiner öffentliche Beurkundung erhalten Sie je zwei Originalexemplare und ein Originalexemplar verbleibt bei mir. 

Massnahme 3: Erstellung je einer Generalvollmacht und Beglaubigung der entsprechenden Unterschriften: 

Eine Generalvollmacht ist besonders hilfreich, wenn eine dauerhafte Urteilsunfähigkeit fehlt oder streitig ist. In diesem Fall kann oder will die KESB den Vorsorgeauftrag nicht bewilligen oder die Bewilligung verweigern und Sie könnten dadurch Ihre Lebenspartnerin nicht auf der Grundlage eines Vorsorgeauftrags vertreten und umgekehrt. 

In einer faktischen Lebensgemeinschaft besteht ansonsten keine Vertretungsbefugnis nach aussen oder wird von Beteiligten nicht akzeptiert. Konkubinatspaaren wird deshalb empfohlen, sich gegenseitig eine Generalvollmacht auszustellen. Bildet das Konkubinatspaar eine einfache Gesellschaft und liegt keine gegenteilige Vereinbarung vor, so ist zwar jede der beiden Personen zur Geschäftsführung befugt und kann ohne Mitwirkung der jeweils anderen Person handeln. Demgegenüber ist für aussergewöhnliche Rechtshandlungen die Zustimmung beider Personen nötig (Quelle: Bericht des Bundesrats über die rechtliche Stellung von Konkubinatspaaren,) 

Lösung: Mit einer Generalvollmacht sind Sie immer für den anderen handlungsfähig. Auf Wunsch können mehrere Exemplare erstellt werden. Es können bei Bedarf auch beglaubigte Kopien erstellt werden.

Massnahme 4: Erstellung jeweils einer speziellen Vollmacht: Besuchs-, Auskunfts- und Einsichtsvollmacht und Beglaubigung der entsprechenden Unterschriften:

Zuerst einige einleitende Worte

Wenn Sie möchten, dass der eine den anderen Partner auch im medizinischen Bereich vertritt, kann der Vorsorgeauftrag zwar durch eine Patientenverfügung ergänzt werden. Dies ist jedoch nicht zwingend notwendig. Seit dem 1. Januar 2013 ist «die Person, die mit der urteilsunfähigen Person einen gemeinsamen Haushalt führt und ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet (mein Einschub: was man allenfalls beweisen können muss! Kann ja jeder sagen… vor allem, wenn es schnell gehen muss, kann die Bestreitung der Partnerschaft verzögernd und damit gefährlich und sein!)», berechtigt, Sie zu vertreten und den vorgesehenen ambulanten oder stationären Massnahmen die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern (Art. 378 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB). 

Die Vertretung bei medizinischen Massnahmen gemäss Artikel 378 ZGB bezieht sich auf Entscheide über ambulante oder stationäre Behandlungen sowohl somatischer als auch psychischer Art. Sie umfasst die Möglichkeit, einen Behandlungsvertrag mit einer Gesundheitsfachperson, einen Hospitalisierungsvertrag oder einen Betreuungsvertrag im Rahmen von Artikel 382 ZGB abzuschliessen. Um über die medizinische Behandlung entscheiden zu können, muss die Konkubinatspartnerin oder der Konkubinatspartner natürlich auch Zugang zu den medizinischen Akten der urteilsunfähigen Person haben. 

Betreffend Personendaten muss die Einsicht auf die in der konkreten Situation notwendigen Informationen beschränkt sein, es sei denn, die betroffene Person hat, als sie noch urteilsfähig war, einer vollständigen Akteneinsicht zugestimmt (mein Einschub: hier kann es also streitig (gemacht) werden, was notwendig ist und was nicht und damit kann es passieren, dass man in Daten nicht Einsicht erhält, deren Kenntnis man selbst für notwendig erachtet, die Gegenseite dies aber bestreitet). 

Der Zugang zu Auskünften über den Gesundheitszustand der urteilsunfähigen Partnerin oder des urteilsunfähigen Partners sowie das Recht, sie oder ihn zu besuchen, können sich als problematisch erweisen, wenn die Vertretung im medizinischen Bereich einer anderen Person anvertraut wurde, aber keine Hinweise zum konkreten Vorgehen in diesem Fall festgelegt wurden. Diesfalls entscheidet die mit der Vertretung betraute Person, wobei sie den (mutmasslichen) Willen der Patientin oder des Patienten zu berücksichtigen hat. Quelle: Bericht des Bundesrats über die rechtliche Stellung von Konkubinatspaaren

Weitere mögliche Probleme, wenn man nichts regelt, sondern sich „nur“ auf das Gesetz vertraut: es kann es sich auch als notwendig erweisen, an anderen Orten Einsicht zu erhalten, z.B. in der Pflegeeinrichtung, bei der Krankenkasse etc.). Zwar hat man vielleicht einen Vorsorgeauftrag und vielleicht zusätzlich eine Generalvollmacht, aber das kann unter Umständen nicht genügen oder wird als ungenügend abgewiesen. 

Meine Lösung: 

Ich habe eine spezielle Vollmacht erstellt, ich nenne diese „Besuchs-, Auskunfts- und Einsichtsvollmacht„. Sie kann ebenfalls sehr nützlich sein. Einige Gründe: Sie müssen nicht beweisen, dass Sie überhaupt der Partner sind. Sie müssen nicht beweisen, dass die Information in der konkreten Situation notwendig ist (dahinter könnten sich Ärzte etc. zu verstecken versuchen…) Es besteht auf jeden Fall ein Einsichts-, Auskunfts- und Besuchsrecht, nicht nur in medizinischer, sondern auch anderer Hinsicht (z.B. Akteneinsicht in einer Pflegeeinrichtung).

Übrigens, wenn Sie erwachsene Kinder haben: als Elternteil haben Sie bei Notfällen mit dem Kindern auch nicht unbedingt ein entsprechendes Besuchs-, vor allem jedoch kein Auskunfts- und Einsichtsrecht! Auch hier könnten entsprechende Vollmachten sinnvoll sein. 

Kosten und Gebühren

Erbvertrag: Beurkundung ab CHF 400.00 zzgl. MWST
Vorsorgeaufträge (je 3, beurkundet): CHF 400.00 zzgl. MWST
Generalvollmachten (je 1, Unterschrift beglaubigt): CHF 150.00 zzgl. MWST
Spezialvollmachten (je 1, Unterschrift beglaubigt): CHF 150.00 zzgl. MWST

Total: ab CHF 1’100.00 zzgl. MWST

gian.pedolin@schweizer-rechtsanwalt.com
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