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Was gehört alles von Gesetzes wegen in einen Arbeitsvertrag hinein?
Einleitung
Immer wieder werde ich von Rat suchenden Personen angerufen. Diese stehen oft vor dem Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag wird meistens vom Arbeitgeber vorformuliert. Im Arbeitsvertrag fehlen dann aber nach Auffassung des Arbeitnehmers wichtige Angaben. Bevor die Arbeitnehmenden mit dem Arbeitgeber in Kontakt treten, um Ergänzungen des Inhalts des Arbeitsvertrages zu verlangen, möchten sie wissen, ob sie überhaupt Anspruch auf eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag haben. In den nachfolgenden Aufführungen wird genau das beschrieben. Was gehört von Gesetzes wegen in einen Arbeitsvertrag hinein? Wie, wenn wichtige Angaben im Arbeitsvertrag fehlen, gehe ich weiter vor? Was mache ich, wenn der Arbeitgeber nicht bereit ist, den Arbeitsvertrag sowie von mir gewünscht und von Gesetzes wegen geschuldet, zu ergänzen?
Informationspflicht des Arbeitgebers über den Inhalt des Arbeitsverhältnisses
Das Gesetz regelt die Informationspflicht des Arbeitgebers über den Inhalt des Arbeitsverhältnisses in Art. 330b OR. Dort steht folgendes geschrieben:
Wurde das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit oder für mehr als einem Monat eingegangen, so muss der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses den Arbeitnehmer schriftlich informieren über die Namen der Vertragsparteien, das Datum des Beginns des Arbeitsverhältnisses, die Funktion des Arbeitnehmers, den Lohn und allfällige Lohnzuschläge und die wöchentliche Arbeitszeit. Werden Vertragselemente, die nach Abs. 1 mitteilungspflichtig sind, während des Arbeitsverhältnisses geändert, so sind die Änderungen dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nachdem sie wirksam geworden sind, schriftlich mitzuteilen.
Namen der Vertragsparteien
Es ist festzuhalten, wer rechtlich gesehen der Arbeitgeber ist. Das ist wichtig für den Fall, dass man später den Arbeitgeber einklagen möchte. Ist juristisch betrachtet in der Information der falsche Arbeitgeber bezeichnet und ist der Irrtum würden Arbeitnehmer nicht erkennbar, macht sich derjenige haftbar, der die falsche Angabe gemacht hat.
Beginn des Arbeitsverhältnisses
Hier wird der rechtliche Beginn des Arbeitsverhältnisses festgehalten. Tritt der Arbeitnehmer die Arbeitsstelle später an, ist dieses Datum entscheidend, sondern eben das frühere Datum.
Funktion des Arbeitnehmers
Hier ist die konkrete Funktion des Arbeitnehmers festzuhalten. Weitergehende Informationen über die Stelle wie Stellenbeschreibungen oder Pflichtenhefte müssen jedoch (leider) nicht abgegeben werden.
Lohn und Lohnzuschläge
Dieser Bereich ist wohl einer der wichtigsten. Der Lohnbegriff entspricht demjenigen der Art. 322 ff. OR. Hier hat sich die Information darüber auszusprechen, ob Geld- oder Naturallohn geschuldet ist und ob Zeit Lohn oder Akkordlohn zu gelten habe, ferner, ob die vereinbarte Lohnhöhe den brutto- oder den Nettolohn betreffe (zum Ganzen: Von Streiff, Kaenel, Rudolph, Praxiskommentar zum Arbeitsvertrag, Zürich 2012, 7. Aufl., Art. 322 Note 3).
Anzugeben ist auch ein 13. Monatslohn. Bei einem variablen, betraglich noch nicht feststehenden Lohn sind die Berechnungsfaktoren zu nennen (Dieselben, a.a.O., Art. 330b Note 9). Auch ist die zeitliche oder sachliche Bezugsgrösse anzugeben (zum Beispiel pro Stunde oder Monat).
Zu den Lohnzuschlägen, welche ebenfalls zu klären sind und über die ebenfalls zu informieren ist, gehören regelmässige Lohnzuschläge Schichtzulagen, Gefahrenzulagen, Nacht- und Sonntagszuschläge, wenn der Arbeitnehmer entsprechende Arbeit zu leisten hat (Dieselben, a.a.O., Art. 330b Note 9).
Wöchentliche Arbeitszeit
Anzugeben ist die materielle richtige Normalarbeitszeit. Werden Überstunden zum Dauerzustand, so erhöht sich die Normalarbeitszeit und ist dies durch einen Änderungsnachweis im Sinne von Art. 330b Abs. 2 anzuzeigen (Dieselben, a.a.O., Art. 330b Note 10).
Achtung: prüfen, ob ein verbindlicher Gesamtarbeitsvertrag zu Einwendung kommt, der die obigen Regelungen ergänzt oder ändert!
Es ist zu prüfen, ob ein zwingender Gesamtarbeitsvertrag noch zusätzliche zwingende Regelungen enthält, die vorschreiben, was zwingend Inhalt des Arbeitsvertrages sein muss.
Wie gehe ich am besten vor, wenn ich merke, dass im zur Unterschrift vorgelegt den Arbeitsvertrag zwingende Inhalte fehlen?
Hier gibt es verschiedene Varianten der Vorgehensweise. Alle haben Vorteile, aber auch mögliche Nachteile.
Im Einzelnen gibt es beispielsweise folgende Varianten:
Variante 1: ich spreche den Arbeitgeber auf fehlende wichtige Informationen an
Viele Arbeitgeber kennen die obige Bestimmung überhaupt nicht und wissen effektiv nicht, was rechtlich gesehen alles Inhalt des Arbeitsvertrages sein muss. Man sollte also nicht gleich von einer unredlichen Absicht seitens des Arbeitgebers ausgehen. Es kann also gut sein, dass der Arbeitgeber die Information dankbar annimmt und den Arbeitsvertrag ergänzt. Im Sinne eines Risikohinweises ist aber natürlich auf folgendes Szenario hinzuweisen: man weist den Arbeitgeber auf die fehlenden Informationen hin. Dieser ist darüber nicht sehr begeistert, befürchtet einen unbequemen Mitarbeiter und zieht das Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrages zurück oder kündigt während der Probezeit mit den üblichen 7 Tagen. Dann steht man ohne Arbeitsvertrag und ohne Arbeitsverhältnis und damit auch ohne Lohn da. Wenn man arbeitslos ist, wird man möglicherweise Probleme mit der Arbeitslosenkasse bekommen. Ein solches Vorgehen kann also sehr riskant sein und mehr Nachteile als Vorteile haben.
Variante 2: ich unterschreibe den Arbeitsvertrag und warte den Ablauf des gesetzlich festgelegten Monats ab
Die Pflicht des Arbeitgebers, spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses zu informieren, kann vorteilhaft sein. Man kann den Arbeitsvertrag unterschreiben, dann beginnt man zu arbeiten und am Ende des Monats sieht man dann (hoffentlich), was effektiv Inhalt des Arbeitsvertrages gewesen ist und zu welchen Bedingungen man entlöhnt wird. Wenn alles in Ordnung ist, sehr gut. Wenn nicht: Man ist dann meistens auch noch in einer Probezeit drin und könnte die Reissleine ziehen oder das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen. Sollte der Inhalt, wie man ihn verstanden hat, mit dem effektiven Inhalt und der effektiven Entlöhnung differieren, kann man schauen, ob es Sinn macht, hier eine Anpassung zu verlangen. Wenn man den Vertrag unterschrieben hat, gilt er natürlich zuerst einmal und die Gerichte interpretieren ihn dann selbst nach dem sogenannten Vertrauensprinzip. Es kann also sein bei einem Unterzeichnen des Arbeitsvertrages so wie vom Arbeitgeber vorgestellt, dass dann etwas Vertragsinhalt wird, was man selbst subjektiv nicht gewollt hatte. Wie gesagt, die obigen Risiken bestehen natürlich wiederum, wenn man den Arbeitgeber damit konfrontiert. Ist man dann noch in der Probezeit, besteht das Risiko, dass der Arbeitgeber mit der kurzen Kündigungsfrist kündigt und man dann wieder auf der Strasse steht und ohne Arbeitsvertrag. Hinsichtlich Risiken ist also auch auf das obige zu verweisen.
Variante 3: vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages versuchen, verbindliche Bestätigungen in anderer Form zu erhalten
Wenn beispielsweise die Personalabteilung sich nicht von sich aus fähig zeigt, einen Vertrag zu ergänzen und wenn man darauf nicht von vornherein aufmerksam machen möchte, um die obigen Risiken nicht in Kauf zu nehmen, könnte man versuchen, auf elegante Art und Weise zu einer vorherigen schriftlichen Bestätigung zu gelangen. Beispielsweise könnte man eine Art Bestätigungs-E-Mail formulieren, welche nicht angriffig ist und bei welcher zum Beispiel bei einem Schweigen man dann später bei Interpretationsstreitigkeiten oder Inhaltsstreitigkeiten den so genannten Vertrauensschutz und das Prinzip von Treu und Glauben aufrufen könnte. Hier müsste man bei der Formulierung jedoch sehr vorsichtig sein, um sich nicht auf das Glatteis zu begeben und eben die oben erwähnten Risiken nicht zu schaffen.
Fazit:
Es ist leider nicht alles so einfach, wie man denkt. Klar kann man sich für die eine oder andere Variante entscheiden und dann die entsprechenden Risiken in Kauf nehmen. Aber: Eine kurze Beratung bei Anwalt für Arbeitsrecht kann gut investiertes Geld sein
Die Entscheidung über das richtige Vorgehen kann eine schwierige Sache sein. Es gilt viele Faktoren zu berücksichtigen. Die Situation ist wie ein rohes Ei zu behandeln. Sie müssen das nicht allein bewerkstelligen.