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Das macht man nicht, heisst es, wenn man über einen Abwesenden lästert. Das macht man nicht, sagt man, wenn ein Arbeitgeber bei einer Versammlung von Mitarbeitern oder sogar unbeteiligten Personen über eine aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedene und nicht einmal anwesende Person spricht und vor allem in negativem Sinne.
Eins drauf gesetzt hat eine Arbeitgeberin, welche in einem offenen Brief an die Arbeitnehmer ausführlich mitteilte, weshalb einer bestimmten Arbeitnehmerin gekündigt wurde. Es war eine richtige Abrechnung. Die Arbeitnehmerin wurde vorher nicht angehört und ihr wurde keine Gelegenheit gegeben, auf gleicher Ebene Stellung zu nehmen. So nicht, sagte sich die Arbeitnehmerin und ging vor Gericht mit dem Vorwurf an die Arbeitgeberin, die Kündigung sei missbräuchlich erfolgt.
Und sie erhielt Recht. Das Gericht erachtete das Vorgehen der Arbeitgeberin als eine die Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin verstossende Persönlichkeitsverletzung und sprach ihr eine Entschädigung zu.
Zum Ausschnitt:
...6. Unzutreffend ist sodann das Vorbringen des Beklagten, wonach von einer Persönlichkeitsverletzung nur dann auszugehen sei, wenn die Informationen und Vorwürfe im offenen Brief unwahr seien (Urk. 17 S. 10 f.). Die Persönlichkeit erfährt in Art. 328 OR für das Arbeitsverhältnis einen spezifischen Schutz. Zu prüfen ist lediglich, ob die im „offenen Brief“ genannten Kündigungsgründe sowie privaten und beruflichen Verfehlungen geeignet sind, das Ansehen der Klägerin in ein
schlechtes Licht zu rücken, und zwar unabhängig von der Frage, ob die Vorwürfe zutreffend sind oder nicht. Falls die Vorwürfe zusätzlich unwahr sein sollten, läge allenfalls zusätzlich eine Persönlichkeitsverletzung gemäss Art. 28 ZGB vor. In diesem Zusammenhang bleibt zudem zu erwähnen, dass einige der vom Beklagten erhobenen Vorwürfe Werturteile sind, welche ohnehin nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft werden können. …
Allerdings ist zu sagen, dass der offene Brief zeitlich vor der Kündigung verfasst und veröffentlicht wurde. Wie es aussieht, wenn der Brief danach veröffentlicht worden wäre, hatte das Gericht nicht zu entscheiden. Dann müsste man vielleicht, wie das Gericht antönt, auf jeden Fall eine Persönlichkeitsverletzung nach Art. 28 ZGB prüfen und darüber hinaus auch, ob die für die Kündigung geltend gemachten Gründe doch missbräuchlich sind.